Montag, 24. August 2015

Die Sache mit der Zivilcourage.... Oder, was mich gerade nachdenklich macht









Vorab: Keine Sorge!
Dieses wird jetzt kein politischer oder gesellschaftskritischer Post.

Das ist überhaupt nicht mein Ding und an das Thema werde ich mich mit meinem gesunden Halbwissen auch gar nicht heranwagen.

Ich bin ohnehin viel mehr der Herzens- als Vernunftmensch.
Das ist nicht immer gut, aber immerhin besser als Vernunftmensch ohne Herz, finde ich.
Vorallem, weil ich glaube, dass es derzeit in Deutschland viel zu viele "Vernunftmenschen" mit gar keinem Wissen, dafür aber auch noch wenig Herz gibt, für die ich mich schäme.

Autsch, das war krass, ich weiß....!


Aber eigentlich wollte ich Euch von etwas sehr Nettem erzählen, dass meiner Familie und mir während unseres Urlaubs in Österreich passiert ist, und das mich sehr nachdenklich gemacht hat, was meine eigene Bereitschaft zum Hilfsbereitsein betrifft....

Wie Ihr ja wisst, kann in den Bergen das Wetter sehr schnell umschlagen, und wie Ihr sicher auch wisst, ist der Sauerländer Laie mit all seinem technischen und intellektuellen Wissen nicht so recht in der Lage, das wahre Ausmaß eines Regengusses in den Bergen einzuschätzen - oder überschätzt sich vielleicht auch einfach selbst?!

Völlig sorgenfrei sind wir jedenfalls eines Morgens, während unseres Österreich-Urlaubs, bei strahlendem Sonnenschein und - eigentlich viel zu warmen 30'C - zu einer richtig schönen Wanderung aufgebrochen.

Ca. 1,5h sind wir mächtig steil den Berg hinaufgekraxelt, und machten in dieser relativ kurzen Zeit einige hundert Höhenmeter. Als wir dann vor dem Abstieg unterhalb des Gipfelkreuzes in einer Alm einkehrten, hatten wir uns das in meinem Augen redlich verdient und waren so in die Aussicht und unseren Spaß vertieft, dass uns der Himmel hinter den schattenspendenden Bäumen ziemlich wurscht war.

Stutzig wurden wir erst, als in einer Gruppe auf der Bank neben uns Unruhe ausbrach, die Sennerin selbst noch aus der Alm gelaufen kam, den baldigen Wetterumschwung bestätigte und anfing, die Sonnenschirme abzubauen. 

O.k....nass werden wollten wir so recht auch nicht - und brachen auch auf, weil sich niemand festlegen wollte, ob es besser wäre, „den Regen“ abzuwarten oder vor ihm im Tal zu sein.

An etwas wirklich Schlimmes dachte keiner von uns, und für den 'worst case' hatten wir schließlich unsere Regenjacken im Rucksack.

Dennoch haben wir den Abstieg durch den Wald über fast unbefestigte Wege regelrecht im Dauerlauf genommen - auch weil es mit müden Beinen (natürlich nur meine!) leichter ist, einfach "laufen zu lassen" als auch noch abzubremsen.

Wir kamen dann auch ganz schön schnell ganz schön weit, und erst kurz bevor wir oberhalb des Tals auf die ersten Wiesen kamen und die ersten Höfe sahen, fielen tatsächlich die ersten, schweren Tropfen.

Trotz kurzer Überlegung, uns einen Baum zum Unterstellen zu suchen, sind wir erst einmal weiter gelaufen und irgendwann aus dem Wald auf eine Wiese getreten.

Kurz überlegten wir noch, welchen weiteren Weg wir nehmen mussten, da riefen bzw. schrien uns am Ende der Wiese ein paar Leute, die vor einem ca. 200 m entfernten Bauernhaus standen, lauthals zu, wir sollten kommen.

Erst schießen einem in einem solchen Moment ja ganz komische Gedanken durch den Kopf...
"Die verwechseln uns?!"
Fast hätte mich nach den angesprochenen Leuten umgedreht, ...aber mein Mann ließ sich nicht zweimal bitten, und trieb uns alle an, loszulaufen.

Zumal die Rufe vom Hof dringlicher wurden - wir sollten nicht nur kommen, auch nicht laufen, sondern rennen.

Und zwar, was das Zeug hielt!

Also schossen wir los und, während ich noch dachte, daß uns jetzt auf der ungemähten Wiese, die wir als Abkürzung überqueren mußten , die Zecken anspringen, kam schon die Ansage vom Hof, noch schneller zu laufen, ja, die Füße in die Hand zu nehmen, alles zu geben.
Hatte ich womöglich den Braunbären in meinem Rücken nicht gesehen???

Wir gaben alles...d.h. laut späterer Aussage meiner Familie gab ICH alles und war trotzdem die Letzte! (Das sagt Dir auch keiner, wenn Du Kinder bekommst, oder?!)

Vor dem Hof wurde nicht lange gegackelt, und wir wurden direkt ins Haus getrieben gebeten.
...und daaaaaaaannnnnn gingen die Schleusen im Himmel auf..!

Nach einem der schlimmsten Regengüsse, die ich in meinem Leben miterlebt habe, fielen plötzlich - ungelogen! - Golfball-große Hagelkörner Hagelbälle vom Himmel.

Und davon nicht nur ein paar, sondern gleich minutenlang!






Mit Grausen stellten wir uns vor, wie wir ausgesehen hätten, wenn uns diese lieben Menschen nicht ins Haus geholt hätten - denn ausreichenden Schutz hätten wir keinen mehr gefunden.

Und in Anbetracht des Umstands, dass unser Auto, das nur wenige Kilometer weiter stand, echte Hagelschäden und Beulen davongetragen hat, kann ich mir nur vorstellen, dass bei uns das Krankenhaus fällig gewesen wäre.

Stattdessen saßen wir da im Trockenen im neu ausgebauten ehemaligen Heuboden mit diesen lieben Menschen vor dem Panoramafenster und waren einfach nur unglaublich dankbar!

Dankbar, dass es so etwas gibt!

Dass man von Leuten, denen man völlig fremd ist, in deren Haus gerufen wird!

Und unglaublich ungläubig, dass wir wirklich mit diesen netten Menschen und deren fünf Töchtern im Alter von drei bis 24 Jahren an einem Tisch sitzen durften, um über eine  Stunde lang das Ende des Regens, der dem Hagel folgte abzuwarten, während die Töchter Getränke brachten,
für die nachher niemand etwas annehmen wollte.







Ich dachte seitdem ganz oft darüber nach, was bei uns zuhause passiert wäre - wie ich womöglich selbst reagiert hätte.
Hätte ich überhaupt soweit gedacht??
Wäre ich aufmerksam genug gewesen?

Und wie hätte ich es gefunden, an meinem “ ach-so-heiligen“ Sonntag Wildfremde in unserem Wohnzimmer sitzen zu haben, statt bei diesem ungemütlichen ( und drinnen wieder so gemütlichen) Wetter zu lesen oder einfach auf dem Sofa zu chillen?!

Ich hörte in Gedanken auch schon so manchen anderen Zeitgenossen vor sich hin brummeln, als er diese "Flachland-Laien" sah und am Verstand der Menschheit zweifeln, und dann einfach kopfschüttelnd weiterlaufen lassen, weil so viel Doofheit das nun einmal verdient hat!

Und Ihr?
Wie hättet Ihr reagiert?

Hättet Ihr hier im Kleinen schon geholfen?

Denn vergesst nicht, wir sprechen hier von Hagelkörnern…nicht von Bomben!
Die hätten uns sicher weh getan, aber die hätten uns nicht umgebracht, und wir mussten nicht alles zurücklassen und waren nicht mittellos und mussten auch nicht miterleben wie unsere Kinder über Bord geworfen worden wurden, weil sie zu laut weinten oder andere schlimme Dinge….

...und dennoch: wir sind mit ganz offenen Armen aufgenommen worden!

Das wünsche ich mir für all diese armen Menschen, die gerade traumatisiert und erschöpft bei uns ankommen und versuchen ein wenig Frieden zu finden, um sich von all dem Schrecklichen, dass sie erleiden mussten, zu erholen oder schlicht, ....zu überleben.

Und, dass da dann niemand steht und schreit:Hier ist kein Platz für Euch!


Nachdenkliche Grüße von

Eurer Lillewind




















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